Buchdruckerei-Museum Burkhardtsdorf

Heimatgeschichte – Die alte Buchdruckerei und die Burkhardtsdorfer Zeitung

Bereits in den 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts gab es eine „Burkhardtsdorfer Zeitung“. Diese wurde in Ehrenfriedersdorf bei der Firma Löseke gedruckt. In ganz geringer Auflage, ca. 40 Exemplare, wurde diese nach Burkhardtsdorf geliefert.

Karl Gustav Lange, von Beruf Buchdrucker,  war seit dem 21. September 1887 in der Unteren Hauptstraße 46 wohnhaft. Das Haus Untere Hauptstraße 46 ist heute bekannt als „Roschers Pension und Gaststätte“. Vielleicht war es damals schon eine Pension, denn der Hauseigentümer Friedrich Fürchtegott Roscher, wird als Schankwirt und Materialwarenhändler bezeichnet.


(Foto 1: Roschers Restauration, Fotograf unbekannt, Bildarchiv AG Ortschronik)

Gustav Lange betrieb in der Unteren Hauptstraße 43, also schräg gegenüber von Roschers Gaststätte, eine kleine Buchdruckerei.


(Foto 2: Untere Hauptstraße 43, Foto: Esther Dehne, Petra Piri, Bildarchiv AG Ortschronik)

Über die technische Ausrüstung seiner Druckerei und ihr Arbeitsprogramm ist nichts mehr bekannt. Er versuchte, eine Ortszeitung für Burkhardtsdorf herauszubringen. Das Vorhaben scheiterte und so trug er sich wahrscheinlich mit dem Gedanken, die Druckerei zu verkaufen und den Ort zu verlassen.

Am 16. März 1888, zogen in der Unteren Hauptstraße 46 Karl Louis Bruno Schreiber


(Foto 3: Bruno Schreiber, Foto: Martina Hünlein Burkhardtsdorf, Bildarchiv AG Ortschronik)

aus Marienberg und Max Bernhard Reichel aus Waldkirchen, beide von Beruf Schriftsetzer, ein.  Die Herren Bruno Schreiber und Max Reichel zeigten für Langes Betrieb Interesse und am 18. März 1888 kauften Schreiber und Reichel die Druckereieinrichtung von Gustav Lange ab. Noch im März verließ  Gustav Lange Burkhardtsdorf.

Auch Schreiber und Reichel versuchten nun ebenfalls, eine eigene Ortszeitung herauszugeben, möglichst zwei- bis dreimal wöchentlich. Schon am 10. April 1888 erschien eine erste Probenummer der „Burkhardtsdorfer Zeitung“ mit einer Auflage von 75 Stück. Jedoch konnten der Erlös des Verkaufes und der kleine Anzeigenteil die Kosten nicht decken. Die Schwierigkeiten waren enorm. Max Reichel zog es nach ca. zwei Jahren  in seine Heimatstadt zurück. Er meldete sich am  24. September 1889 nach Olbernhau ab. Bruno Schreiber musste nun allein sein Glück versuchen.

In dem damaligen Gemeindevorstand Karl Weinhold fand er einen tüchtigen Freund und Förderer des Gedankens einer Ortszeitung. Er sagte seitens der Gemeinde jegliche Unterstürzung zu und gleichzeitig ging sein Appell an Industrie, Handwerk und Gewerbe und an die Einwohnerschaft, das Vorhaben nach Kräften zu unterstützen. Die Zeitung erschien jetzt zweimal wöchentlich und die Auflagenhöhe betrug 440 Exemplare.

Die Herstellung der Zeitung erfolgte auf einer alten Handpresse. Eine derartige Maschine kann man in Frankenberg in der Roßbergschen Druckerei in einem kleinen privaten Museum besichtigen. Nach Einführung der Elektrizität sah man sich nach einer modernen Maschine um. Diese hat dann bis zum Jahre 1928 ihren Dienst verrichtet.

In der Unteren Hauptstraße wurden die Betriebsräume allmählich zu eng. Doch nicht nur die Betriebs-räume wurden zu eng, die Wohnverhältnisse von Bruno Schreiber auch. Er verheiratete sich im Jahre 1890 mit Aurelie Roscher und verzog am 21. Mai 1890 in das Haus Herrenmühlenweg 1 (heutige Uferstraße, abgebrochen),


(Foto 4: Uferstr. 1, ehemals Herrenmühlenweg, Foto unbekannt, Bildarchiv AG Ortschronik)

welches seinem Schwiegervater gehörte. An diesem Standort  verblieb die Druckerei bis zum Jahre 1913.  Am 6. Oktober 1891 wurde die erste Tochter Aurelie Johanne geboren. Am 17. November 1893 folgte dann Luise Gertrud und am 19. Mai 1905 Karl Gerhard. In den Adressbüchern von 1901 und 1913 nennt sich die Firma noch Reichel und Schreiber, Buchdruckerei, Inhaber Louis Bruno Schreiber.

Im Grundstück Untere Hauptstraße 11 betrieb Gustav Nötzel seit dem 21. April 1880 eine Strumpffabrik, deren Inventar  in der Strumpfmaschinenauktion vom 7. Mai 1897 versteigert wurde.


(Foto 5: Auktion 1897, Burkhardtsdorfer Zeitung, Bildarchiv AG Ortschronik)

Ersteigerer war Louis Wetzel, Fabrikant in Niederzwönitz, denn die Bauakten führten ihn seit 1898 als Eigentümer.

Im Jahre 1898 ist der Umbau des leer stehenden Arbeitssaales zu einem Betsaal der Methodisten dokumentiert. Dieser Betsaal wurde bis zum Bau des eigenen Gemeindehauses im Jahre 1913 in der Alten Poststraße genutzt.

Im Jahr 1913 kaufte Bruno Schreiber das leerstehende Wohnhaus in der Unteren Hauptstraße 11 samt Anbau und richtete hier seine Druckerei ein.

 
(Foto 6: Inneneinrichtung Buchdruckerei Untere Hauptstraße 11, Foto: Repro Paul Wieland, Foto 7: Inneneinrichtung Buchdruckerei Untere Hauptstraße 11,
                                                                                                                                                                                           Foto: Repro Paul Wieland, Bildarchiv AG Ortschronik)

Die Fotos gewähren einen Blick in die Räume der Buchdruckerei in den 1920er Jahren. Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem heutigen Inventar lässt sich nicht leugnen.

Seine Firma erlebte bis zum Ersten Weltkrieg großen Aufschwung, der jedoch zur Novemberrevolution 1918 bereits wieder vorbei war.  Die kleine handwerkliche Druckerei stellte in der Inflationszeit 1922/23 das Notgeld für den Bankverein und die Gemeindekasse her.


(Foto 8: Notgeld aus dem Jahre 1938, Bildarchiv AG Ortschronik)

In den verschiedensten Ausführungen wurden diese Scheine gedruckt. Erforderlich war stets die schnellste Lieferung in Folge des Währungsverfalls. Dies erklärt auch gewisse Einschränkungen in Druckausführung und Papierqualität.

Ab Anfang 1923 gab es nur noch eine Ausgabe in der Woche, am Sonnabend. Im Jahre 1925 konnte man wieder zwei Ausgaben in der Woche drucken.

Am 28. Oktober 1932 verstarb Bruno Schreiber. Seine Witwe, Aurelie Schreiber, überlebte ihn um mehr als 20 Jahre und führte die Geschäfte mit ihren Kindern weiter. Im Jahre 1941 wurde der Druck der „Burkhardtsdorfer Zeitung“ eingestellt und diese mit der Thalheimer Zeitung vereinigt. Die Herstellung erfolgte auch in Thalheim. Der einzige Sohn, Gerhard Schreiber, fiel 1944 im Zweiten Weltkrieg.


(Foto 9: Gerhard Schreiber, Foto: Martina Hünlein, Burkhardtsdorf, Bildarchiv AG Ortschronik)

Das Ende des Krieges war auch das Ende der Zeitung. Die Besatzungsbehörden erlaubten Johanna Schreiber, der ältesten Tochter von Bruno Schreiber, nach vielerlei Auflagen Anfang 1950 die Wiederaufnahme des Druckbetriebes. Bruno Schreibers Enkel Gottfried kehrte im Frühjahr 1950 nach erfolgter Lehrzeit und mit bestandener Meisterprüfung nach Burkhardtsdorf zurück und gemeinsam bauten sie die Druckerei wieder auf.


(Foto 10: Gottfried Schreiber, Foto: Martina Hünlein, Burkhardtsdorf, Bildarchiv AG Ortschronik)

Im Jahre 1955 verstarben die Witwe von Bruno Schreiber, Aurelie Schreiber sowie auch seine Töchter Johanna und Gertrud. Gottfried Schreiber erbte gemeinsam mit seinem Bruder den Betrieb.

Beide investierten in die Druckerei, es wurden neue Schriften und neue Maschinen gekauft und es gab auch genügend Aufträge. Jedoch mangelte es zu DDR-Zeiten an Farbe und Papier. Bis zur politischen Wende 1989 und noch weitere zwei Jahre wurde tüchtig gearbeitet, die noch vorhandenen Druckmuster sind dafür ein Beleg. 1992 gab es dann jedoch fast keine Aufträge mehr, die Industrie war zerbrochen und auch in der Druckerei erfolgte dann der absolute Stillstand. Aus gesundheitlichen Gründen verkaufte Gottfried Schreiber die Druckerei an das Land Sachsen und verzog in eine andere Wohnung. Die Maschinen wurden durch das Land Sachsen zurück in die Hände der Gemeinde gegeben. So konnte die kleine handwerkliche Druckerei der Gemeinde Burkhardtsdorf erhalten bleiben.

Die Druckerei und das Gebäude verfielen zusehends.


(Foto 11: Untere Hauptstraße 11 um 1970, Foto: Esther Dehne, Petra Piri, Burkhardtsdorf, Bildarchiv AG Ortschronik)

Nach Übergabe der Druckerei sollte das Objekt nach Vorstellungen der Gemeindeverwaltung zu einem Museum ausgebaut werden. Doch erst im März 2000 begann man, die Ideen zu verwirklichen.  Der „Geschichts- und Kunstverein e.V.“ wurde im August 2000 gegründet, Gottfried Schreiber wurde dessen Ehrenmitglied. Seitdem erfolgten regelmäßig Arbeitseinsätze. In unzähligen Freizeitstunden und oft mühseliger Arbeit, zum Teil bei eisiger Kälte und brütender Hitze wurde das Vorhaben durch die Mitglieder des Vereins voran gebracht. So wurde die Heizung aus dem ehemaligen Jugendclub „Ohne Filter e. V.“ umgesetzt, denn eine funktionierende Heizung ist die Voraussetzung, dass die Druckmaschinen das ganze Jahr über betrieben werden und den Besuchern vorgeführt werden können. Es wurden Toilettenanlagen eingebaut sowie die Elektriker- und Malerarbeiten in den Ausstellungsräumen durchgeführt. Unmengen von Bauschutt wurden bewegt und mit dem Schmutz der Bauarbeiten und der vergangenen Jahre hatte man noch lange zu kämpfen.

Am 9. September 2001 wurde das Museum zum ersten mal geöffnet.


(Foto 12: Untere Hauptstraße 11, Buchruckereimuseum, Foto: Martina Hünlein, Burkhardtsdorf, Bildarchiv AG Ortschronik)

Seit dieser Zeit steht es an bestimmten Tagen allen Interessierten offen. Am 18. März  2008 feierte man „120 Jahre Buchdruckerei“. Es konnten zahlreiche Besucher begrüßt werden, die staunend erfuhren, welche Arbeitsgänge erforderlich waren und wie lange man früher benötigte, um eine Zeitung fertig zu stellen. Zu diesem Jubiläum wurde eine Sonderseite Foto der „Burkhardtsdorfer Zeitung“ im alten Stil vorbereitet. Sie enthielt Fakten aus der Ortsgeschichte von 1898 bis 1915.

  
(Foto 13: Inneneinrichtung heute, Foto: Martina Hünlein, Burkhardtsdorf, Bildarchiv AG Ortschronik)


(Foto 14: Sonderseite der Burkhardtsdorfer Zeitung zum Jubiläum "120 Jahre Buchdruckerei", Bildarchiv AG Ortschronik)

Doch was wurde aus den noch vorhandenen Exemplaren der einstigen „Burkhardtsdorfer Zeitung“? Dazu der Einfachheit halber ein Artikel von Herrn Jens Fleischhauer aus dem ZwönitztalKurier 12/2004.



(Foto 15: Artikel aus ZTK Dezember 2004)

Ergänzend zu diesem Artikel muss noch folgendes erwähnt werden:
Als im Jahre 2014 die Arbeitsgemeinschaft Ortschronik Burkhardtsdorf gegründet wurde, befanden sich in den zu übernehmenden Beständen auch einige Jahrgänge dieser Sicherungsverfilmung. Da in der Arbeitsgemeinschaft kein Lesegerät für die Mikrofilme vorhanden war, wurden diese digitalisiert und waren nun am Computer lesbar.
Die noch fehlenden Jahrgänge konnten aus der Buchdruckerei ausgeliehen und ebenfalls digitalisiert werden.
Die komplett vom Mikrofilm gefertigten Digitalisate wurden dem Geschichts- und Kunstverein e. V. zur Verfügung gestellt, so dass nun beide Gruppen mit diesem historischen Material arbeiten können.


Die Texte und Bilder zu diesem Beitrag werden bei Bedarf aktualisiert.
Weitere Hinweise oder Fotos zum Text nimmt die AG Ortschronik Burkhardtsdorf gern entgegen. Bitte setzen Sie sich mit uns in Verbindung.

Kontakt: ortschronik.burkhardtsdorf@web.de
oder postalisch:  AG Ortschronik, Platz der Jugend 12, 09235 Burkhardtsdorf